Selbstliebe und Freude
Es hat mich 45 Jahre meines Lebens als Frau gekostet, um meinen Thron der Selbstliebe zu besteigen. 45 Jahre voll von inneren patriarchalen Kämpfen, meistens getriggert durch Liebesbeziehungen, die in mein Leben gekommen und manchmal schnell, manchmal langsamer wieder gegangen sind. Wenn ich so in die Vergangenheit zurück fühle, war wenig Freude in diesen Männergeschichten. Meistens war es leidvoll, anstrengend, ein Kämpfen und Ringen darum, Intimität und wahre Liebe zu leben - denn viele dieser Kandidaten waren für die Liebe nicht bereit. Und ich? Hatte nicht gelernt, was Selbstliebe ist.
Oft dachte ich, es liegt an mir. Ich öffnete mich schnell, war schnell im Herzen. Obwohl ich schon unzählige Herzbrüche erlebt hatte, war ich dennoch immer wieder bereit, dieser tiefen Sehnsucht nach einer intimen Partnerschaft in mir zu begegnen und dem jeweiligen Mann an meiner Seite die Chance zu geben, sich darauf einzulassen. Doch irgendwie klappte es nie ganz und so lief ich weiter, mit dem tiefen Traum, dass es diesen einen Mann irgendwo da draußen für mich geben müsste.
Es gab sogar eine Zeit, nach meiner letzten Beziehung, als ich nicht mehr daran glaubte, dass sich dieser Traum jemals für mich erfüllen würde. Irgendetwas in mir, hatte ihn vergessen, abgelegt, in ein Konzept von “das gibt es eh nicht, man muss Kompromisse schließen und ich muss mich mit weniger zufrieden geben” gepackt. Doch die Sehnsucht, und dieses pulsierende innere Wissen in mir, dass ich mir aus der Tiefe meines Herzens einen Mann wünschte, mit dem ich Intimität bis zum Himmel leben konnte, lies mich nicht los. Obwohl ich versuchte, diesen Impuls immer wieder zu unterdrücken.
Oft redete ich mit Gott und fragte ihn: Was mache ich falsch? Wieso klappt es nicht? Hab ich es nicht verdient? Doch Gott antwortete nicht. Es war so, als würde er wollen, dass ich selbst erkenne, worum es geht. Irgendein verletzter Anteil in mir hatte einen blinden Fleck in Bezug auf Männer, Selbstwert, Selbstliebe und Freude. Und Gott gab mir zwar keine Antwort. Ebnete aber den Weg in die Selbsterkenntnis.
Derzeit bin ich wieder in einer Liebesgeschichte, mit einem Mann, bei dem ich nach dem ersten Kuss spürte, er ist es, kann es, könnte es sein. Dieser eine Mann, mit dem ich das leben will, was ich mir so sehnlichst wünsche. Der Anfang zwischen uns war intensiv, leidenschaftlich, feurig, einfach mega. Ich dachte, endlich hab ich meinen Deckel gefunden - und erkannte rasch, dass Topf und Deckel noch ausgepackt werden mussten, damit sie richtig ineinander gleiten können, um ein Ganzes zu bilden. Meistens ist es mit starken Seelenverbindungen so, dass der Anfang ein Rausch ist, bis sich die Realität der Egostrukturen einstellt und zwei Menschen für sich entscheiden müssen, ob sie durch das Feuer der Liebe gehen wollen. Ein bisschen Egosterben inszeniert auf der Bühne der Liebe, die uns letzlich lehren will, wie Selbstliebe geht.
Alle meine Muster begannen zu wirken. All meine Verhaltensweisen, die ich in Liebesbeziehungen so oft an den Tag gelegt hatte, und die in der Vergangenheit immer im Drama geendet hatten, wurden aktiv. Selbstwert, Trauer, Leid. Die Angst den anderen zu verlieren, lies mich wieder einmal verstummen. Ich wählte in schwierigen Situationen lieber die Nicht - Kommunikation darüber, wie ich mich wirklich fühlte und was ich mir wirklich wünschte. Ich passte mich an, an ihn, seine Ängste, seine Zweifel, sein Ego. Ich hatte Angst davor, mich zu zeigen. Verletzlich, intim, offen. Es war schmerzhaft die Hosen runterzulassen und zu sagen: Hey ich liebe dich wirklich, ich will es wirklich mit uns versuchen und ich wünsche mir mit dir eine Intimität. die alle Ketten des Egos sprengst.
Ich betrat die Manege im Drahtseilakt. Mich selbst herauszufordern, alte Muster zu durchbrechen und auszusprechen, wie es mir geht und was ich mir wirklich wünschte. Mein Stolz, mein Schmerz, meine Wut standen mir in vielen Momenten im Weg. Das Leid wurde größer. Und ich versank in meinem ewigen Sumpf mit den immer gleichen Geschichten. Die Männer in meinem Leben. Immer gleich. Es musste doch an mir liegen? Oder war es mein Karma? Oder schickte mir Gott wieder eine Aufforderung, etwas anders zu machen?
Durch einen Impuls von Danja, in einem Moment tiefer Seelentränen, fasste ich plötzlich Mut und sprach die Wahrheit aus. Darüber, was ich will, was ich mir wünsche, wie ich mich fühle und welche Werte ich in Beziehungen habe. Es war ein Gefühl von alles auf eine Karte setzen oder besser gesagt, die Bereitschaft ihn zu verlieren, weil ich für mich einstand. Das ist die Edge auf der wir uns in Beziehungen immer wieder bewegen. Die Nacktheit uns wirklich zu zeigen und bereit zu sein in dieser Verletzlichkeit alles zu verlieren. Nackt vor dem anderen zu stehen und uns zu offenbaren.
Das Ding ist: Wenn wir uns Intimität vom anderen wünschen, müssen wir Intimität geben. Wenn wir uns vom anderen wünschen, dass er uns sein Herz offenbart, müssen wir genau das in die Beziehung hineinlegen. Wenn wir uns Wahrheit wünschen, müssen wir Wahrheit sprechen. Denn, das was du reingibst, bekommst du bekanntlich heraus. So ist das mit allem im Leben. Und so ist das auch mit Beziehungen.
Der Akt der Nacktheit war ein nächster Schritt in Richtung Selbstliebe.
Denn, ja ich liebe ihn. Aber ja, ich liebe mich.
Das Feuer der Liebe kann nur soweit brennen, wie wir bereit sind, selbst immer wieder durchs Feuer zu gehen. Gewohnte Denk- und Handlungsmuster zu durchbrechen, wenn wir uns zeigen. Obwohl wir dabei oft das Gefühl haben, wir würden sterben. Nach vielen Tagen des Leides in dem Kampf mit mir und ihm, war sie dann plötzlich wieder da. Die Freude. Nicht weil es dann leichter wurde zwischen uns, sondern weil ich gelernt hatte, zu mir zu stehen. Plötzlich sah ich nach langer Zeit von Traurigkeit wieder freudevolle Götterfunken in meinem Leben. Kam wieder in meine Kraft und sah all die schönen Menschen und Dinge, die mir so viel Freude machen. Ich war wieder bei mir, und es fühlte sich so verdammt lebendig an.