Hexen, Hexen?

Als ich ein kleines Mädchen war, liebte ich es in der Dunkelheit in den Wald zu gehen. Am liebsten im Herbst, wenn die Blätter golden schimmerten und der Wald nach Kälte roch. Ich war fasziniert von dem Gefühl, das es da eine Anderswelt gab - eine, die nur fühlbar war, doch für menschliche Sinne nicht erfahrbar. Und ich fühlte sie - so tief in mir und meinem Körper.

Ich liebte die Mystik, die mir die Dunkelheit des Waldes gab. Am liebsten machte ich die Augen zu, um mich ganz und gar in dieses Gefühl einzulassen - mich darauf zu verlassen. In der Dunkelheit konnte ich sie deutlich spüren - meine innere Stimme, den Teil in mir, der von etwas anderem nicht menschlichem inspiriert, getragen, und geflüstert wurde.

Als ich ein kleines Mädchen war, liebte ich all jene Filme ganz besonders, wo Frauen mit magischen Fähigkeiten die Hauptrolle spielten. Die schlangenköpfige Medusa, die zauberhafte Nicole Kidman als Gillian in Practical Magic oder auch Sarah Jessica Parker in Hocus Pocus. Tief in mir wusste ich *das ich das auch bin*. So eine Frau, die anders war - verbunden mit den Stimmen hinter den Stimmen. Den Bildern hinter den Bildern. Der Dunkelheit im Wald. Dem Zauber, der alles umgibt, wenn man Augen hat zu sehen. Und Ohren, die hören.

Als ich älter wurde, und mich auf den spirituellen Pfad des Lebens machte, entdeckte ich C. G. Jungs Konzept der Archetypen und vertiefte mich im Zuge meiner Frauenarbeit besonders und mit ganz viel Hingabe in den Zyklus der weiblichen Archetypen. Diese psychologischen Kräfte in uns, die uns kollektiv und individuell durch das Leben treiben - in denen wir uns selbst erkennen, aber auch transzendieren. Die uns bewegen, träumen und sehnen lassen, mit Kraft durchfluten und uns ganz und gar lebendig machen. Bilder und Symbole, die zu uns sprechen, weil sie die Sprache der Seele verstehen. Und nur deshalb verstanden werden, weil der Verstand kurz still ist, damit die Bilder und Symbole in unseren Körper zurücksinken können.

In Jungs analytischer Psychologie gibt es den Archetyp des Zauberers. Er ist visionär, idealistisch und magisch. Der Zauberer will transformieren und liebt die Veränderung. Er ist ein wandelbarer Visionär und Idealist. Und dann gibt es sein weibliches Pendant, zwar nicht bei Jung aber im kollektiven Unbewussten. Die Hexe. Der Begriff stammt von dem norwegischen Worten "hag" für "Hecke oder "Wald".

Es ist die Hexe, die in den Wald geht, um zu zaubern.
Es ist die Hexe, die über die Hecke in die Anderswelt springt und so die konditionierten Strukturen der Gesellschaft verlässt. Es ist die Hexe, deren Weltbild ein magisches, visionäres, transformierendes ist.

Es ist die Hexe, die verbrannt, verspotet, gejagt und ausgerottet wurde.
Und sie, die seit vielen Jahrhunderten in einem tiefen Versteck in unserem Unbewussten lebt, weil ihre Stimme und ihr Körper, ihre Sehnsüchte und ihre Träume in der Vergangenheit verloren gegangen ist.

Doch sie lebt. Flüstert. In der Dunkelheit der Novembernacht.
Sie liebt das Leben und das Gefühl über die Hecke zu springen.
Sie redet mit den Tieren und den Pflanzen.
Ihr Ruf ist die Freiheit und sie steht an der Schwelle der ewigen Transformation.
Hin zum Göttlichen, voll im Mensch Sein.
Sie ist Rebellin und Feuerhüterin.
Sie zaubert, weil sie keine Angst vor ihren Idealen hat.
Und sie hext, weil es ihr Freude bereitet, die Energie hinter Materie zu erforschen.
Die Hexe in dir ist weise, reif und sinnlich. Machtvoll und mit Kraft voll.

Hörst du ihren Ruf?
Hexe.
Du Hexe.

Was löst der Begriff in dir aus?
Wo landet er in deinem Körper?
Wovor hast du Angst?
Was macht dir Angst?
Welche Glaubenssätze kommen hoch?
Welche Ahnenstimmen werden laut?
Was spricht die Hexe in Dir?

Schreibe, du Hexe und erlöse dich selbst.

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Sein im Nicht Sein

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Über die Liebe zur Praxis